LESERFRAGEN Expertentelefon \"Eisenmangel\" am 17.11.2016
Ich bin Schülerin, 17 Jahre alt, habe einen niedrigen Hb-Wert und deswegen auch starke Beschwerden. Mein Arzt will mir eine Eiseninfusion geben. Kann ich nicht einfach Tabletten nehmen oder mehr Fleisch essen?
- Priv.-Doz. Dr. med. Anja Sandek, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, Oberärztin in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen: Für die rasche Auffüllung der leeren Eisenspeicher wird eine intravenöse Eiseninfusion empfohlen. Damit kann man Ihren Hb-Wert anheben und somit schnell Ihren Beschwerden entgegenwirken. Ein adäquater Ausgleich des Eisendefizits mit Tabletten oder über die Nahrung würde mehrere Monate dauern, da die Eisenaufnahme aus dem Darm begrenzt ist.
Nach der Geburt meines Sohnes war mein Eisenwert wegen Blutungen so niedrig, dass ich eine Bluttransfusion bekommen habe. Jetzt stille ich seit fünf Monaten und der Ferritinwert liegt trotz Tabletten noch immer bei 30. Was kann man jetzt noch tun?
- Sandek: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, insbesondere, wenn Sie sich müde und abgeschlagen fühlen. Unter Umständen kommt eine Eisen-Infusion in Betracht, damit Ihre Eisenspeicher schneller wieder aufgefüllt werden.
Ich neige schon lange zu Eisenmangel wegen meiner starken Periode. Deshalb nehme ich immer selbstgekaufte Eisentabletten ein. Jetzt meinte mein Mann, dass das auch zu viel sein könnte. Kann man Eisen überdosieren?
- Sandek: Bei einer langfristigen Einnahme von Eisentabletten in hohen Dosen kann es zu einer Eisenüberversorgung kommen. Deshalb sollte die Einnahme von Eisen in Form von Tabletten/Nahrungsergänzungsmitteln nur nach Diagnose eines Defizits und in Absprache mit einem Arzt geschehen.
Ich bin 74 und schon seit 27 Jahren Vegetarierin. Jetzt wurde bei mir eine Herzschwäche diagnostiziert und mein Arzt sagt, ich soll Fleisch essen, da man bei Herzschwäche auf die Eisenversorgung achten muss. Ich will das aber nicht. Gibt es keine andere Möglichkeit?
- Sandek: Sie haben als Vegetarierin ein erhöhtes Risiko, an einem Eisenmangel zu leiden. Der Körper kann tierisches Eisen wesentlich besser aufnehmen als pflanzliches. Daher sollte bei Ihnen eine Diagnostik bezüglich eines möglichen Eisenmangels durchgeführt werden. Dies ist umso wichtiger, da Sie eine Herzschwäche haben. Eisennmangel bei Herzschwäche kann die Funktion Ihres Herzens zusätzlich verschlechtern und sollte nach Rücksprache mit Ihrem Arzt adäquat behandelt werden.
Meine Hämoglobinwerte sind wohl in Ordnung, aber der Ferritinwert ist zu niedrig. Was bedeutet das, und was sagen die verschiedenen Werte eigentlich aus? Ich bin 77, leide unter Herzschwäche und einer gestörten Nierenfunktion.
- Priv.-Doz. Dr. Dr. med. Stephan von Haehling, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen: Bei der Blutanalyse kann sich ein Hämoglobin-Wert noch im Normbereich zeigen, während sich der Ferritin-Wert als zu niedrig erweist. Das ist dann ein Hinweis darauf, dass bereits ein Eisendefizit im Körper besteht. Grundsätzlich ermöglicht der Ferritin-Wert eine gute Orientierung, wie viel Eisen noch im Körper verfügbar ist, da das Eiweiß Ferritin Eisen speichert. Die Ferritin-Analyse wird aber nicht immer als Standardmessung herangezogen – nicht zuletzt, da sie teurer ist als die Hämoglobin-Bestimmung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Diagnosekriterien für Eisenmangel anhand des Ferritin-Wertes bei Herzinsuffizienz andere sind als etwa bei gesunden Menschen.
Ich leide seit einiger Zeit unter starker Müdigkeit, Leistungsschwäche und depressiven Stimmungen. Kann da ein Eisenmangel dahinterstecken oder muss ich zum Psychologen?
- von Haehling: Recht typisch für einen Eisenmangel sind Müdigkeit und Erschöpfung. Das geht bis hin zur depressiven Verstimmung. Diese Symptome passen aber nicht nur zum Eisenmangel, sondern auch zu vielen anderen Krankheiten wie Schilddrüsenunterfunktion, Burn-Out oder psychosomatischen Störungen. Auch bei Herzerkrankungen kann man derartige Symptome antreffen. Lassen Sie deshalb zum Ausschluss eines Eisenmangels zunächst Ihren Ferritin-Wert bestimmen, um Klarheit für weitere Schritte zu erhalten. Der Hausarzt kann dann die richtigen Weichenstellungen vornehmen.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Eisenmangel und Eisenmangel-Anämie? Bei meiner Ärztin geht das immer so durcheinander.
- von Haehling: Eisenmangel ist definiert als Verminderung des Gesamtkörpereisens. Eine Eisenmangelanämie liegt vor, wenn die Hämoglobinkonzentration eisenmangelbedingt unter den alters- bzw. geschlechtsspezifischen Normwert absinkt. Dieser beträgt nach der Weltgesundheitsorganisation WHO 12 g/dl für Frauen und 13 g/dl für Männer. Allerdings ist nicht jede Anämie durch Eisenmangel bedingt. Die Ursache lässt sich aber durch Interpretation der Laborwerte bereits gut eingrenzen.
Mein Vater (81) leidet unter Morbus Crohn und dadurch immer wieder auch unter Eisenmangel. Wie kann der Eisenwert stabilisiert werden? Fleisch isst er selten und Tabletten bringen wohl wegen der Darmentzündung kaum etwas.
- Von Haehling: Die Therapie des Eisenmangels ist gerade bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht ganz einfach. Die schnellste und effektivste Behandlung des Eisenmangels kann durch eine intravenöse Eiseninfusion erfolgen. Aufgrund der Schädigung der Darmschleimhaut bei Morbus-Crohn-Patienten ist das Eisendefizit über den Verdauungsapparat kaum zu beheben, sodass eine Infusion eine gute Therapiemöglichkeit darstellt.
Ich bin schwanger und habe deutlich zu niedrige Eisenwerte, aber die Tabletten vertrage ich überhaupt nicht. Was kann ich tun?
- Dr. med. Swen-Holger Quasdorff, niedergelassener Facharzt für Innere Medizin in Mönchengladbach, zusätzlich Facharzt für Palliativmedizin und Diabetologe: Eisenmangel in der Schwangerschaft ist nicht selten und erfordert eine intensive Beratung durch den Arzt. In der frühen Schwangerschaft werden überwiegend Eisentabletten eingesetzt. Eiseninfusionen kommen im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel in Betracht, aber nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko.
Ich (Mann, 26) lebe vegan und esse sehr viele Sojaprodukte. Jetzt habe ich gelesen, dass Soja die Eisenaufnahme hemmen kann. Stimmt das und was raten Sie mir?
- Quasdorff: Die in Soja enthaltene Phytinsäure kann die Aufnahme und körperliche Verarbeitung von Eisen hemmen. In pflanzlichen Lebensmitteln kommt überwiegend sogenanntes dreiwertiges Eisen vor. Dessen Verfügbarkeit kann bereits durch kleine Mengen an Vitamin C oder anderen Säuren aus Obst, Gemüse oder Sauerkraut (zum Beispiel Milchsäure) deutlich gesteigert werden. Zudem kommt es auf die richtige Zubereitungstechnik an, wie etwa das Einweichen oder Keimen von Getreide und Hülsenfrüchten, wodurch der Gehalt an Phytinsäure verringert werden kann.
Bei mir wurden zusätzlich zu einer Herzinsuffizienz auch deutlich zu niedrige Eisenwerte festgestellt. Der Kardiologe rät zu einer Infusion, aber mein Hausarzt sagt, dass es dabei Risiken wie Schock oder Allergien gibt. Wie soll ich mich entscheiden?
- Quasdorff: Ihr Kardiologe handelt nach den Therapie-Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie, die eine intravenöse Eisentherapie mit Eisencarboxymaltose bei Herzschwäche-Patienten empfiehlt. Während der 15-minütigen Infusion sowie weitere 30 Minuten danach werden Sie von einem erfahrenen Praxisteam betreut. Komplikationen treten nur in seltenen Fällen auf.
Schon seit zwei Jahren habe ich (weiblich, 32) Eisenmangel. Mein Hausarzt gibt mir immer Tabletten, aber sollte nicht auch mal nach der Ursache gesucht werden? Woher kann der ständige Mangel denn kommen?
- Quasdorff: Frauen im Menstruationsalter sind oft von Eisenmangel betroffen. Dies ist vor allem der Fall, wenn Sie starke Monatsblutungen haben. Eine fachärztliche Abklärung möglicher gynäkologischer Probleme oder Blutungsursachen ist ratsam.
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